Montag, 1. September 2014

Sommerschlußverkauf


Nachtrag zur Oldtimernight Ottakring 2014 

Sommer? Welcher Sommer? Der letzte Sommer hatte so viele Regentage zu bieten wie kaum einer je zu vor an den wir uns zumindest erinnern könnten. Die Temperaturen ließen ebenfalls zu wünschen übrig und erinnerten bereits stark an die unterkühlt Stimmung in unseren Cockpits bei diversen Oldtimerveranstaltungen auf der Jagd nach den hundertstel Sekunden. Bei jeder Veranstaltung gelang es uns irgendwie mittels eines einzigen kapitalen Fehlers uns von den Stockerlplätzen auf die hinteren Ränge zu verabschieden. Das meist vorherrschende Wetter konnte auch nicht dazu beitragen die Stimmung zu heben. Im Gegenteil, meist waren die Fahrzeuge nach den Veranstaltungen zu reinigen und trocken zu legen.

Gut, auch bei der Anfahrt zur ONO (Oldtimer Night Ottakring) hat es, wie nicht anders zu erwarten, geregnet. Es war ja schließlich noch Sommer. Wir überlegten bis zwei Minuten vor der Abfahrt ob wir nun unsere, nicht nur wegen der Farbe, giftige Lancia Fulvia Sport 1,3S oder unsere gutmütige Giulia Super nehmen sollten. Der Himmel zeigte dann doch ein paar hellere Flecken und so entschlossen wir uns die Fulvia zu nehmen. Gleichzeitig rechneten wir uns für die Veranstaltung null Chancen aus, da gerade auf nasser Fahrbahn unsere Fulvia durch ihre Motorcharakteristik, vor allem im innerstädtischen Verkehr, nicht gerade leicht zu fahren ist. Sie läuft erst ab 3000 Touren so richtig rund und bevorzugt die typischen Strassen eines Wein-, Wald- oder Mühlviertels mit meist langgezogenen Kurven und dazwischen sanft eingebetteten Hügeln.

Bei der Anfahrt zur U-3 Endstation Ottakring, dank mangelnder Ortskenntnis, gleich das erste Hoppala. Wir biegen irgendwo zu früh rechts ab und fahren einen Umweg von mindestens zwei Kilometern, und das obwohl wir auf Grund der Witterung, ohnehin schon spät dran sind. Wir schaffen es aber doch noch gerade rechtzeitig zur Startnummernausgabe und zur Fahrerbesprechung zu erscheinen. Hier kommt es jetzt zur großen Erleichterung. Nur zwei Schlauchprüfungen und ein bisschen navigieren, das sollte dann doch zu schaffen sein. Tja, aber wie geht man die Schlauchprüfungen an, wenn man Schläuche zuletzt vor drei Jahren in Italien gefahren ist, und die Fulvia Sport zuletzt im vergangenen Jahr zwei mal auf den Seiberer gescheucht hat. Der Fahrer steuert ob der harten Konkurrenz sogleich einmal den nächsten Würstelstand an, um ein Päckchen des beruhigend wirkenden Tabaks auszufassen und sich eine Taktik auszudenken. Dass der Schlauch später als ein Lichtschranken ausgelöst wird ist klar, aber um wie viel früher? Verdammt, das wird dann wohl wieder nichts. Lichtschranken wären beherrschbar gewesen, aber Schlauchprüfungen? Man tröstet sich damit, dass es zu regnen aufgehört hat und zeitweise sogar die Sonne versucht noch ein paar Sommersonnenstrahlen über Ottakring zu streuen.

Baldigst geht es nun auch schon an den Start. Mit Starnummer vier, bleibt also nicht mehr viel Zeit sich eine Taktik zu überlegen. Argwöhnisch beobachten wir, wie die Konkurrenz vor uns, darunter ein Staatsmeister, der amtierende Meister startet ja erst hinter uns, an den ersten Schlauch herangeht. Wir wollen uns nicht blamieren und somit muss das erklärte Ziel sein, den Schlauch innerhalb einer zehntel Sekunde zu treffen. Die Copilota beginnt bei dreißig, um dann bei fünfzehn jede Sekunde zu zählen, bei zwölf rollen wir an. Zum Glück geht es leicht bergab, also zumindest kein Nachteil für die angesprochene Motorcharakteristik unseres Lancia. Bei "Go" geht es über den Schlauch. Im wegfahren vernehmen wir noch durch das geöffnete Seitenfenster ein 0,01sec durch den Lautsprecher des Veranstalters. Meinten die jetzt uns, oder den Führenden?

Nach weiteren vierhundert Metern ist die Stimmung im Cockpit wieder am Tiefpunkt. Der Tripmaster funktioniert laut Copilota nicht so wie er soll und deswegen haben wir nun vermutlich eine Abzweigung verpasst. Sicher ist man sich aber noch nicht. Gut, nach ein paar hundert Metern ist sie sich sicher dass wir falsch sind und der Pilot, hat ihr auch den Bedienerfehler am Tripmaster erklärt. Die Stimmung ist aber immer noch nicht als ausgelassen zu bezeichnen. Also zurück bis fast an den Start und diesmal in die richtige Straße eingebogen, wo, siehe da, eine Stempelkontrolle auf uns wartet. Eine freundliche Dame, mit einem Lächeln auf dem Gesicht meinte kurz "na, habts euch verfahren?" Woraufhin wir bedauern, dass wir Ottakring nicht so gut kennen und diese Fahrt gleichzeitig als Besichtigungstour nutzen wollen, aber sonst wären wir eigentlich hier um zu gewinnen.

Die Stimmung im Cockpit wurde auch durch diese kleine Auflockerung nicht wirklich gehoben und so stürmten wir jetzt Richtung Jubiläumswarte, wo schon Kaffee und  Kuchen auf uns wartete. Dort gab es zum Glück keine Zeitkontrolle, und so konnten wir dem Kaffeetratsch entnehmen, dass es im Teilnehmerfeld ein paar Streber mit einem gelben Lancia gibt, die nur 0,01sec Abweichung zur Sollzeit aufweisen. Das nehmen wir natürlich wohlwollend zur Kenntnis. Gleichzeitig keimt aber wieder Unruhe auf, verdammt jetzt sind wir vorne, wie verteidigen wir diese Führung ohne gleich wieder in der Versenkung zu landen. Nix da, wir lassen uns nicht beeinflussen, auch nicht durch taktische Kriegsführung mancher Teilnehmer, wir fahren ganz einfach so wie immer.

Von der Jubiläumswarte geht es nun über den Schottenhof zurück, direkt in die Brauerei, nach Ottakring. Auf Grund der Wetterlage ist nicht sonderlich viel los im Braugasthof. Nach einer halben Stunde Aufenthalt geht es zurück zur U3-Endstation und somit zur Sekunde der Wahrheit. Der Schlauch ist zu einer vollen Minute zu treffen, die Reihenfolge der Teilnehmer ist dabei nicht mehr so wichtig. Gut, wir versuchen unser möglichstes ruhig zu bleiben und alles genau so zu timen wie beim ersten Versuch. Wir rollen wieder bei "Go" über den Schlauch, vernehmen aber anschließend keine Durchsage durch den Lautsprecher. War das nun gut, oder haben wir es versemmelt. Wir wissen es nicht. Nachdem wir den Lancia auf dem Vorplatz der U3 Station eingeparkt haben, versuchen wir dem Zeitnehmer über die Schulter zu sehen um seinem Laptop die uns fehlende Information zu entlocken. Dies gelingt uns leider nicht, da seine Exeldatei so gescrollt ist, dass alle Ergebnisse erst ab Startnummer 5 zu sehen sind. Die Spannung steigt.

Um sich zwischendurch die Zeit etwas zu vertreiben, nehmen wir auch noch an der SP "Schlauch zur vollen Minute mit abgestelltem Motor überrollen" teil. Da wir dies überhaut noch nie versucht haben geht unser Probedurchgang gleich einmal um fünf, oder mehr, Sekunden daneben. Egal, jetzt wussten wir aber, dass wir ca. 19sec vor der vollen Minute bei der gelben Fahne wegrollen müssen um dieses Ziel erreichen zu können. Und siehe da, 0,09sec und Applaus von den Zusehern. Das scheint die Führung in diesem Juxbewerb zu sein. Wenigstens hier konnten wir zeigen, dass wir eigentlich schon nicht mehr ganz so schlecht unterwegs sind.

Nachdem wir unseren gelben Floh nun endgültig eingeparkt haben, fieberten wir der Siegerehrung entgegen. Auf einmal kam das Gerücht auf, dass der kleine gelbe Lancia wieder vorne lag, diesmal mit 0,03sec Abweichung. Sollte das jemand übertreffen? Es streckten sich uns bereits Hände zur Gratulation entgegen, aber so richtig glauben wollten wir es noch nicht. Die Zeitnehmer zogen sich zur Auswertung zurück und um 20Uhr kam es zur Siegerehrung, wo es Gewissheit wurde: Wir haben gewonnen! Und gleich beide Bewerbe die Rollprüfung und die Oldtimer Night Ottakring! Es ging denkbar knapp aus, die Zweiten hatten gesamt 0,06sec Abweichung, die Dritten 0,07sec.

Teuflisch, wie knapp es da meist zugeht, und dass eine zehntel Sekunde bei zwei Schlauchprüfungen nicht mehr für einen Stockerlplatz reicht. Wir nehmen uns keinesfalls heraus jetzt zu behaupten, besser als die anderen gewesen zu sein. Wir hatten an diesem Tag nur einfach mehr Glück oder auch einfach das Glück der Tüchtigen, die niemals aufgegeben haben, da wir ja gewusst haben, dass wir es können. Nur, die anderen von dieser Tatsache zu überzeugen, hat einfach etwas länger gedauert, als wir selbst angenommen haben.

Weniger gut ausgesehen hat, während der Wartezeit zwischen den Schlauchprüfungen, ein Räuber, der mittels eines Großaufgebotes der Polizia Munizipale im Bereich der U-Bahnsation dingfest gemacht, und mitsamt seiner Komplizin mit Handschellen in einem bequemen Partybus mit Einzelzimmern abgeführt wurde. Er hat den Sommerschlussverkauf wohl nicht mehr erwarten können. Kleine Pikanterie am Rande. Eines der, wie im Actionfilm mit quietschenden Reifen, heranbrausenden, die Station umzingelnden, Polizeiautos hat beim Überfahren der Schlauchprüfung nicht nur die volle Minute nicht eingehalten, sondern durch die aggressive Fahrweise auch noch den Schlauch zerstört. Oder haben Bullenautos wirklich Bullenreifen, so wie im Film Blues Brothers von Elwood Blues behauptet. Wie auch immer, wer ein richtiger Profi und regierender Staatsmeister ist, führt natürlich seinen eigenen Schlauch immer im Arbeitsgerät mit. Wozu er den wohl braucht? Vielleicht sollten wir in Zukunft auch immer einen dabei haben um in solchen Notsituationen immer aushelfen zu können. Ohne diese Hilfestellung wäre sonst unser Doppelsieg erst gar nicht möglich gewesen. Wir werden mal schauen ob es entsprechendes Equipment noch gibt, im Sommerschlussverkauf.

Christina & Thomas
Die Mutigen aus Settepastori

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